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Ehrliche Worte statt Lügen oder Schweigen: Warum Kinder die Wahrheit brauchen – besonders nach einer Trennung


Wenn Erwachsene über schwierige Themen sprechen – Trennung, Trauer, Veränderungen, Konflikte – entsteht oft dieselbe Sorge: Belasten wir unsere Kinder damit? In einer ihrer Fortbildungen hat Gundula Göbel einen Satz gesagt, der genau auf den Punkt trifft:


Titelbild mit dem Logo und der Überschrift
Dieses Zitat stammt von Gundula Göbel, Kinder- und Jugendpsycholgin

Und genau das ist der Kern dessen, was viele Eltern unterschätzen.


Kinder spüren Wahrheit – lange bevor sie sie hören


Kinder nehmen emotional mehr wahr, als wir ihnen zutrauen. Sie spüren Spannungen. Sie merken, wenn etwas nicht stimmt. Sie sehen Blicke, hören Tonlagen, fühlen Veränderungen im Familienklima und das oft, ohne dass Worte fallen. Wenn man hier nicht ehrlich ist, werden die Kinder ihre Wahrnehmung hinterfragen und als "falsch" interpretieren.

Denn was sie wirklich belastet, ist eben nicht die Wahrheit.


Belastend ist das Nichtgesagte. Das Unausgesprochene.

Das diffuse Gefühl: „Hier stimmt etwas nicht – aber niemand erklärt es mir.“


Genau dieses Gefühl erzeugt Unsicherheit, Angst und oft Schuldgefühle.


Gerade in Trennungssituationen brauchen Kinder echte Worte


Viele Eltern möchten ihre Kinder schützen und vermeiden deshalb klare Aussagen. Aber Kinder interpretieren dann selbst und ihre Fantasien sind oft viel bedrohlicher als die Wahrheit.

Pädagogisch betrachtet brauchen Kinder in Trennungssituationen vor allem drei Dinge: Ehrlichkeit, Verantwortungszuordnung und Sicherheit.

Dabei geht es nicht darum, alles zu sagen oder in schonungsloser Offenheit zu sprechen, sondern darum, die Wahrheit kindgerecht zu formulieren. Kinder benötigen echte, klare Informationen, jedoch keine Details über Konflikte oder Belastungen der Erwachsenen. Sätze wie „Wir streiten zu viel“, „Wir können nicht mehr gut zusammenleben“ oder „Wir bleiben eure Eltern – das ändert sich nie“ reichen völlig aus, um Orientierung zu geben, ohne die Kinder zu überfordern.


Ebenso entscheidend ist es, Verantwortung eindeutig zuzuordnen. Kinder müssen deutlich hören und fühlen: „Du bist an nichts schuld.“ Gerade in emotional schwierigen Situationen dürfen sie niemals das Gefühl bekommen, sie müssten einen Elternteil trösten, stabilisieren oder schützen. Diese Verantwortung gehört ausschließlich zu den Erwachsenen und nicht in die Hände (und ins Herz) eines Kindes.


Darüber hinaus brauchen Kinder Sicherheit und Verlässlichkeit. Wahrheit schafft Halt, während Unklarheit Angst erzeugt. Wenn Kinder spüren, dass sie ernst genommen werden, dass sie nicht ausgeschlossen werden und dass mit ihnen gesprochen wird – und nicht nur über sie –, dann können sie eine Trennung wesentlich besser verarbeiten.


Das Wissen um verlässliche Strukturen, klare Worte und kontinuierliche emotionale Begleitung gibt ihnen das Gefühl, weiterhin sicher gebunden zu sein, trotz aller Veränderungen.


Warum ist das so wichtig?


Weil Lügen, Beschönigungen oder Schweigen Kindern auf vielfältige Weise schaden. Wenn Erwachsene ausweichen oder Dinge verharmlosen, fühlen sich Kinder häufig selbst verantwortlich für die Situation. Sie entwickeln innere Unruhe, ziehen falsche Schlussfolgerungen oder zeigen Verhaltensweisen, die Erwachsene später als „auffällig“ bewerten. Sie beginnen, ihren Eltern weniger zu vertrauen oder zweifeln sogar an ihrer eigenen Wahrnehmung – ein Effekt, der dem sogenannten Gaslighting sehr ähnlich ist. Kinder spüren dann zwar, dass etwas nicht stimmt, können es aber nicht einordnen, was langfristig verunsichert und emotional belastet.


Ehrliche Kommunikation dagegen stärkt die Bindung, das Vertrauen, den Selbstwert und die emotionale Sicherheit der Kinder. Sie gehört zu den größten Schutzfaktoren in Trennungssituationen und später auch im Patchworkkontext.


Dabei bedeutet ehrliche Kommunikation jedoch nicht, alles ungefiltert zu erzählen. Viele Eltern verwechseln Wahrheit mit Schonungslosigkeit und befürchten, sie müssten jedes Detail offenlegen.


Doch kindgerechte Wahrheit funktioniert anders:


Sie ist gefiltert, sanft, angemessen und klar, aber niemals unwahr. Kinder brauchen Orientierung, jedoch keine Details über Schuldfragen, Affären, Verletzungen oder die gesamte Beziehungsgeschichte ihrer Eltern.


Wahrheit schützt.

Unwahrheit verletzt.


Und Kinder sind in der Lage, die Wahrheit zu hören, solange sie verbunden, liebevoll und altersgerecht vermittelt wird.


Du möchtest mehr darüber erfahren, oder befindest dich in einer ähnlichen Situation und weißt nicht wie du deinem Kind das erklären sollst und kannst?


 
 
 

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